GUTE UNTERHALTUNG

Olaf, du Ochse

Leseprobe:

Wo die Natur noch natürlich ist, wo Flora und Fauna fröhlich harmonieren,

wo Kühe glücklich wiederkäuen, wo Hühner nicht ins KZ müssen,
wo das Land so fruchtbar ist, wie die Guppys im Aquarium,

hier, am Arsch der Welt, liegt unser kleines Dorf Neuhof.
Hühner und Katzen nicht mitgezählt, hat unser stilles Örtchen 618 Einwohner.
Zwei Straßen teilen das Dorf und kreuzen sich auf dem Marktplatz.
Die Dorfstraße, eine Einbahnstraße von Ost nach West, und die Kreisstraße von Süd nach Nord,
die als Sackgasse am Friedhof neben der Kirche auf dem Schlossberg endet...






...zur selben Zeit versammeln wir Dorfbewohner uns unten am Weiher.
Immer, wenn wir nicht weiter wissen, suchen wir dort den Rat der weisen Weide.
„Macht nicht so ein Theater“, bellt der fiese Adolf, „ihr habt den feinen Pinkel gewählt,
ich habe ihn auf dem Gewissen. Also bin ich jetzt Bürgermeister. Schließlich leben wir hier in einer Demokratie.“
Erleichtert atmen alle auf. So schnell hatte sich noch nie ein Dummer für das undankbare Amt gefunden.

Doch die weise Weide am Weiher schüttelt nur ihr weißes Haupt.
„Nein“, wispern ihre Kätzchen.
Der fiese Adolf heult wütend auf: „Du alte Klugscheißerin, du glaubst wohl, du bist etwas Besonderes,

nur weil du drei Jahre in der Baumschule warst.“ Dann hebt er ein Bein und pinkelt an den Stamm.
„Du altes Schwein“, grunzt Sudel-Ede.
„Selber“, bellt der fiese Adolf zurück, „guck doch mal in den Spiegel.“
Und dann wählen wir Olaf mit einem fast sozialistischen Wahlergebnis zum Bürgermeister.
Es gibt nur zwei Gegenstimmen: eine von Adolf und eine von Olaf.






...Während oben an der Kirche die Autohändler schleimen, beginnt unten auf dem Marktplatz die traditionelle Mai-Kundgebung. Fast alle Dorfbewohner treffen sich zur machtvollen Demonstration.

Wir wedeln mit Schildern und Transparenten. Wir skandieren Sprechchöre. Es ist uns eine Herzensangelegenheit.
Auf der Kreisstraße rückt lautstark ein Zug von hungrigen Gegendemonstranten heran.

Der fiese Adolf führt sie an.




Der Goldhamster legt seinen Arm um Olafs Schulter und führt ihn beiseite: „Du mich verkaufen Schloss,
ich machen schöne Sache drrraus, dass der RRRubel nurrr so rrrollt.“
Olaf reibt sich freudig die Klauen, und bevor ihn der Mut verlässt, verlangt er schnell eine Millionen Goldstücke.
„Gut“, sagt der Goldhamster zu Olafs Überraschung und rollt mit den Augen, „aberrr ich muss investierrren,
du verstehen, du mich geben Förderrrgeld. Ich denken sechsstellige Summe reicht.
Sagen wirrr höchste Zahl mit sechs Stellen.
Olaf denkt fix nach. 999 999 ist die höchste sechsstellige Zahl, die ihm einfällt.
Soviel gibt die Gemeindekasse nicht her. Aber wenn der Russe bezahlt, klingelt genug Geld im
Beutel. Olaf holt Zettel und Stift aus der Tasche und rechnet:
Eine Million vom Russen, plus 999 999 Fördergeld,
ergeben knapp zwei Millionen für das alte Schloss. Ein genialer Schachzug!
Olaf platzt fast vor Stolz und glaubt allen Ernstes, wir Dorfbewohner würden das Kriegerdenkmal
schleifen und ihm, Olaf, eines setzen. Mitten auf dem Marktplatz.
Der russische Goldhamster zieht einen Notar aus seiner Limousine und dieser einen fertigen Vertrag aus
der Tasche. Man einigt sich auf sofortige Zahlung des Kaufpreises und gleichzeitige Auszahlung
der Fördermittel. Um Steuern zu sparen, schreiben sie nur den einen Euro Differenz in den Kaufvertrag.
Olaf quittiert. Und zur Feier des Tages besäuft sich am Abend das ganze Dorf.